Ich hatte mal eine Auszubildende zu betreuen. Jeden Morgen erzählte sie von ihren zwei Häschen. Es war ein Weibchen und ein Männchen. Phase 1 war dadurch charakterisiert, daß sie erzählte, sie habe in der Nacht kein Auge zugekriegt. Ich grinste, weil ich mir innerhalb von Nanosekunden ausmalte, wie ihr jugendlicher Liebhaber sie die ganze Nacht nicht zur Ruhe hatte kommen lassen. Mein Kollege, das sah ich an diesem gewissen, kaum merklichen Anflug eines Grinsens in seinem Gesicht, hatte genau die gleichen versauten Gedanken. In Wirklichkeit hatten die Häschen die ganze Nacht lang Krach gemacht, insbesondere das Männchen. Dieser Bock, das erfuhren wir zwei Tage später, saute außerdem den ganzen Käfig mit gewissen Körperflüssigkeiten ein. Wieder einige Tage später hörten wir, daß die Nachtruhe sich gebessert hatte, da die Besitzerin Männlein und Weiblein in zwei verschiedenen Käfigen untergebracht hatte. Aber zufrieden war Frauchen trotzdem nicht. Sie konnte sich nicht zu einer Kastration durchringen, weil die ganze Prozedur inklusive Betäubungsspritze so teuer sein sollte. Mein Kollege schlug vor, sie könne dem Tier doch mit einem Hammer die Nüsse zerhauen, dann hätte sie wieder ihre Ruhe. Mit diesem Vorschlag machte er sich aber keine Freunde. Kurze Zeit später mußten wir ganz tapfer sein: Das Männchen sollte ins Tierheim gebracht werden. Irgendwie konnte ich sie verstehen: Schließlich braucht man irgendwann auch mal seine Ruhe. Andererseits hatte ich auch Verständinis für das Männchen, ich bin schließlich selbst eins. WAS KÖNNEN WIR DAFÜR, WENN WIR STÄNDIG GEIL SIND ? Ich kann aktuelle und zukünftige Freunde dieser Auszubildenden nur warnen: Laßt dem Mädchen nachts seine Ruhe! Bespringt sie nicht, oder jedenfalls nicht ständig und nächtelang, auch wenn ihr noch so geil seid. Bestenfalls schickt sie euch dann zur Kastration (hoffentlich wenigstens unter örtlicher Betäubung), schlimmstenfalls findet ihr euch am nächsten Morgen im nächstbesten Tierheim wieder.
Adolf war schwarz-weiß. Die Sterne waren schwarz-weiß. Die Zwillinge mit den Nummern auf den Armen: schwarz-weiß. Und bewegten sich ruckartig. Anders als wir. Die Stukas waren schwarz-weiß. Stalingrad - schwarz-weiß. Die Fackelzüge: schwarz-weiß. Ruckelten und zuckelten merkwürdig beim Marschieren. Wie aufgezogen. Total anders als heute. Das waren andere Zeiten, ganz andere. "Ich bin am Ort das größte Schwein und laß mich nur mit Juden ein" in schwarz-weiß. Das war damals, lange her. Wollt ihr den totalen Krieg war nicht wirklich, nur schwarz-weiß, ruckartig, wie in Charlie-Chaplin-Filmen, unwirklich. Zyklon-B war schwarz-weiß. Der Himmel - keine Ahnung, war bestimmt schwarz-weiß. Die Sonne auch. Damals. Die Autos waren schwarz und so anders als heute und fuhren viel zu schnell. Die Menschen rauchten wie die Roboter und machten eckige Bewegungen. Das muß eine Ewigkeit her sein. Die Rampe: vorn die Männer in Uniformen, schwarz. Zwei Schlangen, rechts die Männer in schwarzen Mänteln, links die Frauen, etwas heller. Im Hintergrund das breite Torhaus. Das ganze in schwarz-weiß. Und über allem so etwas Unscharfes, Nebliges. Alles so leicht verwischt und verwackelt, als könne das alles gar nicht gewesen sein. Die Menschenmassen bei der Parade, die können doch nicht bunt und aus Fleisch und Blut gewesen sein, die Fahnen nicht blutrot, höchstens schwarz-weiß, was hat das alles mit mir zu tun. Haufen mit brennenden Büchern und wieder Fahnen und Uniformen in der Nacht und über allem dieses Undeutliche, wie mit dem Weichzeichner behandelte, damit das später nicht noch gegen irgendeinen irgendwie verwendet werden kann. Schwarz das Brandenburger Tor und weiß, weiß, weiß die Arme, hochgereckt zu den schneidigen Menschen in ihren schneidigen Uniformen, im Schutz der Nacht, im Nebel, verblassend, ewig her. Stauffenberg, sowas von schwarz-weiß, das war ne andere Welt war das. Nie schönes Wetter, alles düster und dunkel, keine bunten Blumen, kein grünes Gras, kein Leben. Kein Wunder, dass da was schief ging. Mit uns hat das alles nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Januar 2000. Ein Sendung im Fernsehen mit lauter privaten Farbfilmen aus dem tausendjährigen Reich. Panzer und Verwundete bei schönstem Wetter. Der Führer beim vegetarischen Mittagessen inmitten von Fleischfressern - und alles in leuchtenden Farben. Evas Brauns fröhliche Aufnahmen vom Besuch des Duce auf dem Berghof. ALS WÄRE ES GESTERN GEWESEN. War gar kein anderer Planet. Waren die gleichen Menschen mit der gleichen Gesichtsfarbe. Die gleichen Monster.